Ein Update der Approbationsordnung für Apotheker aus dem Jahr 2001 ist schon lange überfällig. Dieses Frühjahr kam neuer Wind in die Diskussion über mögliche Veränderungen im Pharmaziestudiumund praktischen Jahr: ein Positionspapier mit konkreten Vorschlägen wurde erarbeitet. Beteiligt waren neben der Bundesapothekerkammer (BAK) auch der Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland e. V. (BPhD) und weitere wichtige Organisationen. Auf der Bundesverbandstagung des BPhD am 30. Mai erteilten die Studierenden dem Papier in der aktuellen Fassung aber eine Absage.
60 Seiten umfasst das Positionspapier, an dem Vertreter unter anderem aus der Kammer, der Apothekengewerkschaft, dem Krankenhaus, der Hochschule und der Bundeswehr gearbeitet haben. Hier die wichtigsten Ergebnisse des Runden Tischs „Novellierung der Approbationsordnung“:
Für das Studium
- Das Studium soll weiterhin breit angelegt bleiben und auf alle pharmazeutischen Tätigkeitsbereiche vorbereiten.
- Pharmazie soll ein Staatsexamensstudiengang bleiben. Es ist keine Einführung von Bachelor und Master vorgesehen. Das Studium soll aber in Module eingeteilt und mit ECTS-Punkten bewertet werden.
- Das universitäre Studium soll um zwei auf insgesamt zehn Semester verlängert werden, ohne dass dafür Studienplätze oder die Betreuungsintensität reduziert werden.
- Die Famulatur im Grundstudium soll von acht auf vier Wochen verkürzt werden.
- Eine wissenschaftliche Arbeit soll innerhalb von sechs Monaten (30 ECTS-Punkte) angefertigt werden. Deren Abschlussnote soll dann in den Zweiten Abschnitt der Pharmazeutischen Prüfung eingerechnet werden. Das Wahlpflichtfach wird stattdessen gestrichen.
- Interprofessionelle Lehre soll die künftige Zusammenarbeit von Medizinern und Pharmazeuten stärken.
- Die bestehenden Lehrinhalte sollen geprüft und angepasst werden, vor allem die Klinische Pharmazie und Pharmakologie sollen mehr Raum bekommen.
- Der Nationale kompetenzbasierte Lernzielkatalog Pharmazie (NKLP) soll die Basis für Lehre und Prüfung bilden und die zu erreichenden Lernziele und notwendigen Kompetenzen für den Apothekerberuf beinhalten. Er soll auf Grundlage der Approbationsordnung für Apotheker (AappO) entstehen.
Für das praktische Jahr
- Das praktische Jahr kann in Teilzeit mit mindestens 50% der tariflichen Arbeitszeit durchgeführt werden. Die Dauer verlängert sich entsprechend.
- Die Lehrinhalte des begleitenden Unterrichts sollen angepasst werden.
So würde die Verlängerung der Studienzeit um zwei Semester zwar den erhöhten Zeitaufwand für die Fächer Klinische Pharmazie und Pharmakologie abdecken, aber nicht den der wissenschaftlichen Arbeit. Für diese sei ein weiteres Vollsemester nötig. Würde das Studium nur um zwei Vollsemester verlängert, müsse mit einer erhöhten Zahl an Semesterwochenstunden gerechnet werden. Und das bei einem ohnehin schon hohen wöchentlichen Zeitaufwand. Bereits jetzt müssten Laborpraktika teilweise in die vorlesungsfreie Zeit gelegt werden, um sie personell und räumlich umsetzen zu können. Als Lösung schlug der BPhD eine paritätische Stundenverteilung im Hauptstudium mit gleichbleibender Zahl an Semesterwochenstunden vor.
Der BPhD bekundete außerdem, aufgeschlossen für Änderungen in der Benotungsstruktur zu sein. Dennoch fehlte ihm in den Vorschlägen ein klares Konzept.
Ebenso zu wenig konkret war dem Studierendenverband die Umsetzung der wissenschaftlichen Arbeit. Offen sei geblieben, wo sie organisatorisch in den Studienkanon und zeitlich zum Zweiten Abschnitt der Pharmazeutischen Prüfung integriert werden soll.
Weiterhin befürworteten die Studierenden den Nationalen kompetenzbasierten Lernzielkatalog Pharmazie (NKLP), aber es fehle die Einbindung des Katalogs in die AAppO. Dadurch wäre es zukünftig möglich, Inhalte ohne Novellierungsprozess anzupassen.
Insgesamt sah der BPhD „gute Ansätze (…) an denen er auch weiterhin festhalten möchte“, dennoch müsse er das Papier in dieser Form ablehnen.
Wie geht es weiter mit der Novellierung der Approbationsordnung?
Ein Gastkommentar von Ilias Essaida
Der Bundesverband der Pharmaziestudierenden hat auf seiner letzten Bundesverbandstagung (BVT) in Leipzig Stellung bezogen und das Positionspapier der Bundesapothekerkammer (BAK) zur geplanten Novellierung der Approbationsordnung für Apotheker (AAppO) abgelehnt. Aus meiner Sicht eine erwartbare Entscheidung. Dennoch scheint die BAK sehr überrascht. Und auch aus den Reihen der Professor:innen hört man viel Verwunderung.
Es hat sich bereits angedeutet, dass nicht alle Akteure zufrieden sind mit dem, was am Runden Tisch beschlossen wurde. Auf der vorangegangenen Mitgliederversammlung der BAK scherten bereits einige Landesapothekerkammern aus und stimmten dem Positionspapier nicht zu.
Kontrovers wurde das Papier im Anschluss auf der 132. BVT über das Himmelfahrtswochenende hinweg diskutiert. Mehrmals wurde das Papier thematisiert und es zeichnete sich früh ab, dass die Studierenden dem Papier nicht zustimmen können. Zu viele Punkte sind nicht in studentischem Interesse, zu viele Punkte sind vage formuliert und bieten unklaren Interpretationsspielraum. Die Studierenden liefern jedoch nicht nur eine bloße Ablehnung: sie begründen ihren Entschluss auch detailliert.
Und gerade hierin liegt eine große Chance für alle involvierten Interessensgruppen. Das Positionspapier, das die Bundesapothekerkammer vorgelegt hat, ist mehr eine Zusammenfassung der Positionen aller Beteiligten als ein Kompromiss. Mit dem Versuch, geschlossen an das Bundesgesundheitsministerium (BMG) heranzutreten und eine Novellierung der AAppO zu fordern, demonstriert man zwar auf der einen Seite Geschlossenheit, macht sich aber auch sehr angreifbar und ist anfällig für politische Versuche, diese brüchige Allianz auseinanderzudividieren. Durch die Ablehnung des Positionspapieres durch die Studierenden hat sich die Möglichkeit aufgetan, Kritik auch öffentlich zu artikulieren, ohne gleich den gesamten Prozess in Frage zu stellen.
Denn bei aller Kritik fordern die Studierenden auch weiterhin, dass es zu einer Novellierung der AAppO kommt. Und das lieber früher als später. Es ist dringend notwendig, die Anteile der Klinischen Pharmazie und der Pharmakologie zu erhöhen, besonders im Hinblick auf komplexere Medikationen und Polymedikationen, die uns in den öffentlichen Apotheken im Kontext der pharmazeutischen Dienstleistungen und den Krankenhausapotheken erwarten werden.
Der Ball liegt nun bei der BAK. Sie muss auf die Studierenden zukommen und über Kritikpunkte der Studierenden sprechen. Anschließend müssen alle Interessensgruppen gemeinsam an das BMG herantreten und eine Novellierung fordern; auch, wenn die Studierenden das Positionspapier der Kammer nicht mittragen. Ab dem Zeitpunkt wird das Projekt nicht mehr in der Hand der Interessensgruppen liegen. Sie werden zwar weiterhin als Sachverständige ihre Meinung zum Prozess kundtun dürfen und dies auch vehement tun müssen. Das letzte Wort werden sie aber nicht haben. Genau so wenig wie das BMG: Schlussendlich müssen die Bundesländer im Bundesrat entscheiden, ob sie das teure Projekt der Novellierung mittragen werden. Und hier liegt die größte Herausforderung: Studierende, Kammern und Professor:innen müssen trotz aller inhaltlichen Differenzen bei den Landesregierungen dafür werben, dass eine Novellierung notwendig und überfällig ist. Und dafür, dass sie entsprechend umgesetzt wird, um die Studierenden bestmöglich auf die Zukunft vorzubereiten. Hierin liegt die eigentliche Herausforderung. Alle müssen an einem Strang ziehen und das gemeinsame Ziel nicht aus den Augen verlieren.
Was jetzt nicht passieren darf, ist, dass man versucht, noch einmal alle beteiligten Organisationen an einen Tisch zu bekommen, um einen Kompromiss zu finden, der allen schmeckt. Dabei würde zu viel Zeit verstreichen. Die Landeskammern müssen auf die Fachschaften und die Institute zugehen. Zusammen muss man an die Landesministerien herantreten und für die Punkte vehement werben, über die Konsens besteht. Und die strittigen Punkte müssen besonders von der Studierendenschaft erläutert werden. Es wird für alle Beteiligten eine besonders arbeitsintensive Zeit werden, die sich aber lohnen wird.