Die Mischung unterschiedlichster Gerüche von Heildrogen, Fertigarzneimitteln bis hin zu Kosmetikprodukten, aber auch die wie gemalte Struktur und Ordnung in einer Offizin hatten mich bereits als Kind in ihren Bann gezogen. Der Heilberuf des Apothekers, der mir als Kind eine winzig kleine Tablette gab, die mich von einer Erkältung gesunden ließ oder das Fieber reduzierte bzw. den Durchfall stoppte, hatte eine große pharmakologische Wirkung, eine heilende nämlich.
Stets im weißen Kittel, gebügelt und mit aufgestelltem Kragen – so habe ich heute noch den Apotheker meines Vertrauens vor Augen – ein sehr geschätzter und bekannter Mann in meiner Heimatstadt. Für mich stand also schon sehr früh fest, dass ich auch Apotheker werden wollte. Die Einblicke der Famulatur in Klinik und öffentlicher Apotheke bestärkten mich in meiner Studienwahl – einem Mix aus Naturwissenschaften und Medizin. Im Laufe meiner Studienzeit prägte sich daraus immer mehr der Begriff der Lebenswissenschaften, auf Englisch Life Sciences.
Dabei hatte ich mich wiederum häufig gefragt, warum so viele Lehrinhalte fest vorgegeben waren und im Studium sowohl wenig „Leben“ als auch „Wissenschaften“ zu finden waren. „Grundlagen müssen nun aber eben erst einmal gelernt werden“, sagte ich mir mit Blick auf das Hauptstudium. Und tatsächlich, danach wurde es klinischer, der Patient trat in den Vordergrund und auch etwas Wissenschaft im Rahmen von Wahlpflichtfach und HiWi-Tätigkeiten.
Wie aber fühlt es sich an Experimente zu planen, ein wissenschaftliches Ziel zu verfolgen, zu publizieren und ist das wirklich etwas für mich oder hatte ich mir da immer nur etwas eingebildet? Fragen, die ich mit Freunden aus naturwissenschaftlichen Bachelor-, Master- oder Diplomstudiengängen gerne besprach und die mich schließlich nach dem zweiten Staatsexamen in die USA für einen Forschungsmaster führten.
Paper lesen, Experimente planen, Rückschläge durchstehen und der Adrenalinschub, die enorme Freude, wenn experimentell etwas funktionierte, wie man es geplant hatte, wenn auch erst nach der zweiten Wiederholung. Die Masterzeit verging wie im Fluge und bereitete mich innerlich auf die Promotion vor. Ich hatte eine leise Ahnung von wissenschaftlichem Arbeiten und wollte weitermachen. Zurück in Deutschland ging es also los mit der Promotion und der weiteren wissenschaftlichen Arbeit. Statt Apothekengerüchen umgaben mich weiterhin Laborgerüche, statt der offizinellen Ordnung herrschte „Labor-Unordnung“. Und wo war der Patient und die heilberufliche Tätigkeit des Apothekers, der Menschen zum Gesunden helfen will?
Für mich ist der Patient in vielen Bereichen der pharmazeutischen Forschung stets der Grund und das Ziel dieser Wissenschaft zugleich. So in der Pharmazeutischen Technologie, wo die unterschiedlichsten und innovativsten Arzneiformen für verschiedene Patientengruppen und -bedürfnisse entwickelt werden. So auch bei der Entwicklung von Arzneistoffen unterschiedlichster Art zur Heilung verschiedenster Krankheiten – von Small Molecules über Biologicals bis hin zu ATMPs (Advanced Therapy Medicinal Products) – aus den Bereichen der Pharmazeutischen Chemie und Biologie. Bis hin zur Wissenschaft ihrer konkreten Wirkweise und Anwendung in der Klinik –erforscht und gelehrt in der Pharmakologie sowie Klinischen Pharmazie. Bis heute bin ich gerne Wissenschaftler, ganz nah dran an den neuesten Entwicklungen und zugleich ganz nah am Patienten, der von dieser Forschung am Ende profitieren kann – mehr akademischer Heilberuf ist für mich kaum möglich.