Offizin, Herstellung und Krankenhaus­versorgung

In einem Interview zum praktischen Jahr sprach die UniDAZ mit Apothekerin Svenja Voß, Abteilungsleiterin der Offizin, in der Essener Dom-Apotheke. Seit 1970 gibt es die Dom-Apotheke in der Essener Innenstadt. Der Betrieb wird von den Apothekern Dr. Klaus Peterseim und Tobias Goeke geleitet und gehört zu den größten klinikversorgenden Apo­theken in Deutschland. Neben Offizin und Krankenhausversorgung ist man dort spezialisiert auf die individuelle Arzneimittelherstellung, dazu gehören ein Zytostatika-, Parenteralia- und Galenik-Labor. Seit 2014 ist die Dom-Apotheke durchgehend akkreditierte Ausbildungsapotheke bei verschiedenen Apothekerkammern, unter anderem Hamburg, Westfalen-Lippe und Baden-Württemberg. Der BPhD zeichnete sie 2020 zur besten Ausbildungsapotheke in der Kategorie „Spezialversorgung“ aus.

Apothekerin Svenja Voß

UniDAZ: Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in der Dom-Apotheke beschäftig?
Voß: Wir sind insgesamt 90 Mitarbeiter, davon 25 Apotheker. Bei uns arbeiten viele Fachapothekerinnen für Klinische Pharmazie, zum Teil mit den Zusatzbezeichnungen Onkologische Pharmazie, Palliativpharmazie, Infektiologie, Geriatrie und Ernährungsberatung sowie eine Fachapothekerin für Allgemein­pharmazie.

UniDAZ: Welchen Schwerpunkten geht man in der Dom-Apotheke nach?
Voß: Zum einen sind wir auf die Krankenhausversorgung spezialisiert. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Herstellung mit Sterilbereich, dabei stellen wir ­Zytostatika, Zubereitungen zur parenteralen Ernährung (auch für Frühgeborene), Schmerzpumpen, medizinisches Cannabis, Augentropfen, Salben, Kapseln und vieles mehr her. Unsere Heimversorgung umfasst auch das Verblistern, das wir extern über die Firma Blisterpharm durchführen. Wir impfen sowohl gegen Grippe als auch gegen Corona. Täglich arbeiten wir mit zahlreichen Praxen zusammen, unter anderem mit einer Kinderwunschpraxis. Darüber hinaus sind wir Partner in Netzwerken, z. B. in der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) und Referenzapotheke der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK).

UniDAZ: Ist die Dom-Apotheke bei den pharmazeu­tischen Dienstleistungen (pDL) aktiv?
Voß: Seit Anfang 2023 bieten wir pharmazeutische Dienstleitungen an. Da sich unter anderem ein ambulantes Lungenzentrum sowie mehrere Allgemeinärzte in unserer unmittelbaren Nähe befinden, sehen wir dies als gute Basis, die pharmazeutischen Dienstleistungen zusammen mit unseren PhiPs als ständiges Angebot in der Dom-Apotheke zu integrieren. Der Erfolg zeigte sich bereits darin, dass unsere beiden PhiPs den Wettbewerb zum Aktionstag „Standardisierte Risikoerfassung hoher Blutdruck“ der ABDA mit den meisten Blutdruck­messungen gewonnen haben. Ein weiteres Arbeitsfeld neben der Blutdruckmessung ist das Thema Inhalanda. Im Moment konzentrieren wir uns auf die Implementation der Polymedikations-Beratung. Uns ist wichtig, dass die Pharmazeuten im Praktikum möglichst frühzeitig in die pharmazeutischen Dienstleistungen eingebunden werden und die eigenständige Durchführung dieser erlernen, um im späteren Berufsleben in der Offizin gut vorbereitet zu sein und Sicherheit zu gewinnen.

UniDAZ: Wie viele Praktikanten werden in der Dom- Apotheke ausgebildet?
Voß: Wir stellen zum 1. Mai und zum 1. November jeden Jahres jeweils einen PhiP ein.

UniDAZ: Welche Stationen durchläuft der PhiP?
Voß: Wir haben in unserem Qualitäts-­Management ­einen genauen Plan, was die PhiPs bei uns lernen. Das erste ­halbe Jahr verbringen sie in der Krankenhausversorgung. Hier gehen sie verschiedenen Tätigkeiten nach. Zum Beispiel arbeiten die Pharmazeuten im Praktikum in der Ausgabe von Arzneimitteln und Betäubungsmitteln mit, erarbeiten Entscheidungshilfen zur Listung oder Aus­listung von Arzneimitteln und sind bei der Stations­begehung dabei. Sie begleiten Visiten und nehmen an Kurvenvisiten teil. Die PhiPs erstellen und aktualisieren Arbeitshilfen für die zu versorgenden Krankenhäuser, in denen z. B. aufgeführt ist, ob eine Tablette teilbar ist oder sondengängig. Außerdem haben die PhiPs auch ein eigenes Arzneimittel-Stellprojekt zur Steigerung der Arzneimitteltherapiesicherheit in einer Klinik, für das ein ausführlicher Bericht geschrieben wird und die Ergebnisse in ­Sitzungen der Stationsleitung präsentiert werden.

UniDAZ: … und in der zweiten Hälfte?
Voß: Das zweite halbe Jahr absolvieren die PhiPs in der öffentlichen Apotheke, zwischen dem Wechsel hospitieren sie für einen Monat in der Herstellung und arbeiten in der Sterilherstellung und Rezeptur mit. In der Offizin werden unsere Praktikanten viel im Handverkauf ein­gesetzt. Sie lernen die Aufgaben des Apothekenalltags kennen. Dazu gehören die Arbeiten im Labor, die BtM-­Bestandskontrolle, die Heimbelieferung, die pharmazeutischen Dienstleistungen, die Bearbeitung von AMK-Meldungen und die Fertigarzneimittelprüfung. Außerdem bekommen unsere Praktikanten die Möglichkeit, an Schulungen und Fortbildungen teilzunehmen. Wir haben diese Reihenfolge bewusst so gewählt, damit die PhiPs die Zeit vor ihrem 3. Staats­examen in der ­öffentlichen Apotheke verbringen, da dieser Teil besonders prüfungsrelevant ist.

UniDAZ: Was ist wichtig, um einen Pharmazeuten im Praktikum optimal auszubilden?
Voß: Wir legen besonderen Wert auf eine gute Einarbeitung. Hierfür wird den Praktikanten ein „Pate“ zur Seite gestellt, der als ständiger Ansprechpartner dient. Im Handverkauf werden die PhiPs langsam an die Thematik herangeführt. Zuerst werden die typischen Selbstmedikations-Themen und das Kassensystem besprochen. Im Anschluss stehen sie zunächst hinter den erfahrenen Kräften, um sich ein Beratungsgespräch anschauen zu können. Schritt für Schritt übernehmen die PhiPs dann selber die Gespräche, wobei in der ersten Zeit immer noch eine ausgebildete Fachkraft hinter ihnen steht, um für Rückfragen und Hinweise zur Verfügung zu stehen.


Die Pharmazeutin im Praktikum Mara Ullrich berichtet aus ihrem PJ in der Dom-Apotheke:

An meinem pharmazeutischen Praktischen Jahr in der Dom-Apotheke fand ich besonders interessant, einen Einblick in die verschiedenen Bereiche der Apotheke zu bekommen. Im ersten halben Jahr war ich in der krankenhausversorgenden Apotheke. Besonders spannend fand ich die Stationsbegehungen und zu pharmazeutische Fragen der Ärzte zu recherchieren. Ich hatte mein eigenes Stellprojekt in einem Krankenhaus, in dem es um die Arzneimitteltherapiesicherheit der Patienten ging. Dafür verglich ich die gestellten ­Medikamente für den Patienten mit den ­verordneten Medikamenten aus der Patientenkurve, wertete die Ergebnisse aus und präsentierte diese vor dem Team. Dabei führte ich auch mehrere Medikationsanalysen durch. Danach arbeitete ich für einen Monat in der Herstellungsabteilung mit. Besonders interessant fand ich das Sterillabor mit der Zytosta­tika-Herstellung sowie die Herstellung der parenteralen Ernährungsbeutel für die Früh­geborenen. Die Arbeit im großen Galenik-Labor war durch die Herstellung verschie­dener Kapseln, Salben und Zäpfchen sehr abwechslungsreich. In der letzten Station des Praktikums war ich in der öffentlichen Apotheke in der Essener Innenstadt. Neben der Kundenberatung und Rezeptbelieferung prüfte ich die Ausgangsstoffe für die Galenik und führte pharmazeu­tische Dienstleistungen wie das Blutdruckmessen durch. Der Apothekenalltag gestaltete sich sehr abwechslungsreich und spannend. Verschiedene Fachärzte, wie ein Psychiater, Augenärzte, Lungenärzte und eine Kinderwunschpraxis, sind in der Umgebung der Apotheke und erfordern ein breites Wissen.

Julia Stützle

Julia Stützle hat Pharmazie in Tübingen studiert. Nach Erhalt der Approbation war sie ein Jahr in der öffentlichen Apotheke tätig. Im Februar 2023 begann sie ein Volontariat in der Redaktion der DAZ.